Kalimera! (griechisch für Guten Morgen!)
„Frau Beck ist berufsbedingt gerade in Griechenland“ las ich in einer der Mails, die mich während meiner Fortbildungswoche erreichte. Da schmunzeln wohl einige – eigentlich ist mein Beruf doch das Unterrichten! Warum war ich also eine Woche während der Schulzeit in Athen? Aus meiner Sicht sind vier Gründe zentral:
Grund Nummer 1:
Das Hölty-Gymnasium befindet sich im Akkreditierungsprozess, eine Erasmus+ Schule zu werden. Diese Akkreditierung ermöglicht Mobilitäten von Schülerinnen und Schülern, Gruppen und eben auch Lehrkräften. Dabei geht es um den europäischen Austausch, ein Lernen auf Augenhöhe und das Erleben von Schule in anderen Kontexten. Es gibt immer einen thematischen Fokus, bei mir ging es um Demokratie.
Grund Nummer 2:
Sowohl an unserer Schule als auch vielen anderen hängen Plaketten wie „Schule ohne Rassismus“. Aber das Aufhängen allein reicht natürlich nicht, um Demokratie im schulischen Alltag und allgemein zu leben. Wie können also Lehrkräfte, die die Schülerinnen und Schüler bewerten, diese trotzdem demokratisch einbeziehen? Welche Konzepte und Projekte können über den Unterricht hinaus geplant und umgesetzt werden? Was machen andere Schulen?
Hier möchte ich noch nicht allzu viel verraten, aber es folgen ein paar Projekte in den kommenden Monaten – stay tuned! (Griechen würden hier etwas im Sinne von Habt Geduld! sagen, nämlich: Sigá, sigá!)
Grund Nummer 3:
Wie genau funktioniert denn Schule in Griechenland? Wie wird im Unterricht differenziert, wie wird bewertet und welche Fächer sind für alle verpflichtend?
Beispielsweise müssen alle in der Oberstufe Latein und Altgriechisch belegen. Außerdem gibt es alte Geschichte (nämlich die griechische) und moderne. Der Unterricht läuft sehr klassisch frontal ab, eine Gruppenarbeit habe ich nicht gesehen. Aber die Lehrkräfte und Klassen haben viel miteinander gelacht im Unterricht – auch weil einige eben nicht konzentriert mitarbeiten. Kurios fand ich, dass es keine Begrüßung gab. Man mag über das langgezogene „Guuuuten Moorgen Frau Beck“ streiten, aber das ich würde doch einem kalten Start vorziehen. Ich stelle aber fest: Schülerinnen und Schüler sind sich doch sehr ähnlich und haben überall die gleichen Sorgen und Motivationen. „Hauptsache, ich finde einen Beruf, bei dem ich viel verdiene“ war eine beliebte Antwort auf die Frage der persönlichen Zukunft im Englischunterricht.
Grund Nummer 4:
Während der regulären Unterrichtszeit bleibt wenig Zeit, sich vollständig auf ein Thema einzulassen. Eine Reise ermöglicht das vollständige Einlassen auf den Inhalt, ohne Ablenkungen. Ich wusste nicht, wie lange Griechenland ein Königshaus hatte und dass die Diktatur erst vor 50 Jahren überwunden wurde. Am Ort des studentischen Protests waren wir sehr gerührt – die Spuren sind noch sichtbar. Bei mir sind diese Infos nun ganz anders verknüpft, da ich die Geschichte am Ort von einer Griechin hören durfte.
Man lernt außerdem andere Lehrkräfte gut kennen, tauscht sich also nicht nur im Kollegium, sondern auch mit Grundschul- und Oberschullehrkräften und denen im berufsbildenden Bereich aus. Dabei fand ich vor allem spannend zu hören, dass griechische Lehrkräfte eine wesentlich kürzere Ausbildung haben als wir in Deutschland und alle angehenden Lehrpersonen Griechisch und Geschichte studieren müssen.
Außerdem können weitere außerschulische Lernorte entdeckt werden. Eine Studienfahrt nach Griechenland scheint mir gar nicht mehr so fern… J
Insgesamt war es eine sonnige Woche voller Programm und viel Arbeit, sehr viel Austausch und ein bisschen Sightseeing. Ich hoffe, dass wir am Hölty noch viele Mobilitäten ermöglichen und wahrnehmen können! Gleichzeitig bedanke ich mich bei allen, die mich vertreten haben und für die gewissenhafte Bearbeitung der Arbeitsaufträge. Es ist großartig zu sehen, dass ich mich auf meine Hölty-Familie verlassen kann.
Jassu! (Griechisch für Tschüss!)
Text und Fotos: Annabel Beck

